Referenzen – ALPLA
Geld liegt heute nur
noch in der Supply Chain.
Herr Ing. Lehner, vor 60 Jahren haben Ihr Vater Alwin und Ihr Onkel Helmuth die Alpenplastik Lehner Alwin GmbH gegründet. Deren singuläre Erfindung war der berühmte Alplamat, der bis in die 90er-Jahre im Einsatz war. Sie sind seit 1997 CEO von Alpla: Gibt es auch in Ihrer Ära so etwas Prägendes wie den Alplamat?

Unser Unternehmen wurde 1955 gegründet, der Alplamat kam etwas später. Begonnen haben wir mit Spritzguss, seit damals sind wir ein produzierendes Unternehmen. Dank des Alplamaten hat Anfang der 60er-Jahre das Flaschengeschäft begonnen – und wir waren von Anfang an dabei.

Als ich 1997 eingestiegen bin, gab es natürlich andere Herausforderungen: Alplas Wachstum und Internationalisierung. Wir wollten als global aufgestelltes Unternehmen erfolgreich sein und haben der Expansion in andere Kontinente alles untergeordnet. So konnten wir von Argentinien bis China eigene Produktionen etablieren.

War es für Sie immer klar, in die Fußstapfen Ihres Vaters zu treten? Oder hatten Sie zeitweise auch andere Zukunftspläne?

Das war eigentlich immer klar. Es gab so eine Erwartungshaltung, ich war der Älteste aus der zweiten Generation. Ich habe jedenfalls bald gesehen, in welche Richtung es gehen wird.

Und gibt es auch schon eine Planung, wie Ihre Nachfolge aussehen könnte?

Ja, die gibt es. Mein Sohn arbeitet seit fünf Jahren im Unternehmen, vier Jahre davon hat er in den USA unsere Produktion geleitet. Seit Anfang dieses Jahres ist er zurück und Teil unserer neuen, erweiterten Geschäftsleitung. Wir werden als familiengeführtes Unternehmen auch in Zukunft weitermachen.

Ihr Vater war ja nicht nur ein weitblickender Unternehmer, sondern auch ein begnadeter Tüftler. Wie viel von diesem, nennen wir es zielgerichteten, Improvisationsgeist steckt heute noch im Unternehmen und wie manifestiert er sich?

Ich glaube, der steckt in unserer DNA. Als ein Unternehmen, das auf technologischem Know-how aufbaut, als Technologieführer, müssen wir selbstverständlich Platz fürs Tüfteln lassen, müssen zulassen, dass Innovationen gelebt werden. Wir sind ja sehr tief in allem Technischen verankert, mit eigenem Werkzeugbau, mit Sondermaschinen, mit Spezial-Entwicklungen, die wir ausführen usw. Wir werden von unseren Kunden auch nicht als reiner Commodity-Producer gesehen, sondern als Generalist, der komplexe Projekte entwickelt und umsetzt.

Alpla ist heute ein prosperierendes multinationales Unternehmen – mit gut 20.000 MitarbeiterInnen in 46 Ländern und 178 Produktionsstätten und an die 4 Mrd € Umsatz: Wie treffen Sie Ihre Entscheidungen? Wen binden Sie bei großen Herausforderungen ein, etwa bei technisch-strategischen Neuausrichtungen oder internationalen Übernahmen?

Alpla ist in Regionen aufgeteilt: Wir haben Länder geclustert und bearbeiten derzeit zehn Gebiete weltweit. Die zuständigen Regionsverantwortlichen sind sehr nah am jeweiligen Markt und reporten wichtige Entscheidungsgrundlagen direkt an mich. In der neuen Geschäftsleitung haben wir jetzt Verantwortliche für Verkauf, für Operations, für Finanzen und für Technologie. Sie sind eingebunden in die jeweiligen Entscheidungsprozesse.

Das heißt, es gibt interne partizipative Prozesse ¬ zur Entscheidungsfindung –, aber auch externe?

Ja, externe gibt’s auch, aber weniger für Neugeschäftsentscheidungen. Externe nehmen wir dann dazu, wenn wir Restrukturierungen machen und dabei zu wenig Fortschritte machen. Dann nehmen wir Hilfe von der Syngroup in Anspruch, die uns dann schneller, zielgerichteter und neutraler ans Ziel bringt.

Geht es da darum, dass man neue Ideen und Strategien entwickelt oder eher um die Umsetzung?

Es geht um Umsetzungen, darum, in der Tiefe Dinge zu analysieren, mit externem Blick Strukturen so transparent zu machen, dass man Entscheidungen treffen kann.

Sie arbeiten ja schon länger mit der Syngroup zusammen?

Wir arbeiten schon lange mit der Syngroup zusammen, einmal mehr, einmal weniger, je nachdem, wo und wie wir Themen evaluieren und wo wir Schwachpunkte sehen. Dann nehmen wir die Teams der Syngroup gerne mit an Bord, um Zusammenhänge transparent zu machen, um valide Entscheidungsgrundlagen zu haben.

Stichwort: Digitalisierung. Was hat sich dadurch für Sie im Wertschöpfungsprozess verändert?

Wir haben schon sehr früh mit diesem Prozess begonnen, um unsere Informationen sinnvoll aufzubereiten. Wir müssen Daten von Maschinen abfragen, transparent machen. Und wir haben komplette Produktionsketten, wo mehrere Anlagen aneinander gekoppelt sind. Daraus hat sich die zwingende Notwendigkeit ergeben, mit operativ messbaren Größen zu arbeiten. Es hat sich gelohnt, dass wir alles daran gesetzt haben: Heute können wir diese Datenmengen unvergleichlich besser handhaben als vor 10 oder 20 Jahren.

Das heißt, Digitalisierung ist bei Ihnen primär hinsichtlich Big Data das große Thema. Andere Aspekte wie Automatisierung, Sensoren – Roboter zum Beispiel –, stehen da nicht so sehr im Vordergrund?

Nicht so sehr, weil Automatisierung immer schon unser Ding war. Dort, wo wir automatisieren konnten, wo wir Arbeitsschritte mit vernünftigen Paybacks durch Maschinen ersetzen konnten, haben wir das immer schon gemacht. Weil der Preisdruck für uns im Commodity-Geschäft enorm groß ist.

Und in Zukunft?

Ich denke, da wird die Verbindung zum Kunden entscheiden. Wie können wir noch effizienter Informationen austauschen? Ich glaube, da gibt’s noch viel Potenzial. Der Datenaustausch muss über unsere Kunden hinausgehen, muss auch deren Kunden erfassen. Es geht um Retail und um die Optimierung der Supply Chain: Wie kommen Informationen von den großen Retailern direkt zu unseren Kunden und dann zu uns? Geld liegt heute nur noch in der Supply Chain.

» Gerade für eine weltweite Expansion sind gute junge Leute extrem wichtig, weil sie sind es ja zumeist, die auch hinauswollen. «
Günther Lehner
CEO ALPLA
Ein anderes Stichwort: Recruiting. Oft hört man, dass es für viele Unternehmen immer schwieriger wird, die richtigen Leute zu kriegen – gut ausgebildet, engagiert, loyal. Wie geht es Ihnen damit?

Recruiting ist sicher ein Riesenthema. Das hat sich in den letzten Jahren vor allem in Europa verschärft. Wichtig für uns ist, dass man als guter Arbeitgeber möglichst viele loyale Mitarbeiter hat, diese in den Vordergrund stellt und auch halten kann. Dabei ist ein guter Ruf klarerweise hilfreich. Dass wir zum Beispiel nicht gleich Hire und Fire machen, haben wir in Krisenjahren bewiesen. Und jetzt, wo es immer schwierig wird, gute Leute zu bekommen, profitieren wir davon.

Das bringt uns zum Thema Nachwuchs.

Nachwuchs muss gezielt gefördert werden, klar. Wir können Gott sei Dank auf eine sehr gute Lehrausbildung verweisen, die wir in den letzten dreißig Jahren lückenlos forciert haben. Die jungen Leute waren auch immer unser Pool, aus dem wir rekrutiert haben. Wir betreiben eine eigene Akademie und ein eigenes Programm, wo sich die Neuen weiter entwickeln können. Gerade für eine weltweite Expansion sind gute junge Leute extrem wichtig, weil sie sind es ja zumeist, die auch hinauswollen.

Wenn Sie nach Lateinamerika in den Nahen Osten, nach China expandieren, dann übernehmen Sie dort auch eine Ausbildungsfunktion für junge Leute in diesen Ländern?

Übernehmen wir, ja. China, zum Beispiel, da haben wir mit Werkzeugbau angefangen und einen Mould Shop eröffnet. Diesen haben wir mit jungen chinesischen Mitarbeitern besetzt, die bei uns die Lehre nach dem österreichischen Modell gemacht haben – Lehrabschluss inklusive! Das ist schon eine tolle Sache. Das Prinzip haben wir bisher in China und in Mexiko umgesetzt. Und da werden noch andere Länder folgen.

Nächstes Stichwort: Umwelt, Klimawandel. Sie haben 2010 in Wöllersdorf die erste Recycling-Anlage, das PET Recycling Team, übernommen. Derzeit betreiben Sie vier Anlagen. Ist es für Sie denkbar, dass sich das Geschäftsmodell von Alpla in den nächsten Jahrzehnten signifikant von der Produktion zum Recycling verschiebt?

Wir haben 2005 in Mexiko mit dem ersten Recylingwerk angefangen, in Wöllersdorf sind wir 2010 eingestiegen. Dann haben wir in Polen ein neues Werk gebaut und jetzt in Deutschland ein Joint Venture abgeschlossen. Andere Übernahmen stehen kurz vor dem Abschluss.

Seit Jahren ist Recycling ein ganz wichtiges Thema für uns, nicht umsonst haben wir da sehr viel investiert – und zwar schon sehr früh, als wir den Return noch gar nicht bekommen haben. Unsere Kunden sind ja erst viel später auf den Zug aufgesprungen.

Ich glaube allerdings nicht, dass sich unser Geschäftsmodell total ändern wird, weil wir ein produzierendes Unternehmen bleiben wollen. Aber Recycling gehört zu jeder Produktion, zu jedem Produkt – dazu stehen wir uneingeschränkt.

Was glauben Sie, ist die größte Herausforderung für Alpla in der Zukunft?

Ich glaube, die größte Herausforderung wird sein, den Wert des Kunststoffes ins richtige Licht zu rücken. Speziell auch im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Wenn wir von Recycling reden, dann geht damit ja ein riesiger Beitrag zur CO2-Reduktion einher, weil aufbereitetes Recyclingmaterial im Vergleich zu Neuware an die 70, 80% weniger CO2 verbraucht. Das trägt dramatisch zu einer Verbesserung bei. Damit Kunststoff diese wichtige Rolle spielen kann, muss es aber einen funktionierenden Kreislauf geben. Wir forcieren diese Circle Economy. Beim PET-Recycling sind die Ströme schon gut etabliert, bei den Polyolefinen ist es hingegen schwieriger. Kunststoff ist kein Abfall, er ist wertvoll und muss wieder in den Kreislauf, also in das Produkt, zurückgeführt werden.

In Short
ALPLA
  • Standort
    Hard, Vorarlberg
  • Mitarbeiter
    20.800
  • Jahresumsatz
    € 3,66 Mrd.
  • Leistungsbereich
    Verpackungsindustrie
  • Über ALPLA

    Das Unternehmen wurde im Jahr 1955 als „Alpenplastik Lehner Alwin OHG“ von Alwin (1932–2018) und Helmuth Lehner gegründet und beschäftigt heute rund 20.800 Mitarbeiter (davon rund 1000 in Vorarlberg, Österreich) in 178 Produktionsstätten in 46 Ländern. Geschäftsführer ist Günther Lehner.

    Der Hauptsitz des Unternehmens befindet sich in Hard im österreichischen Bundesland Vorarlberg. Alpla baut weltweit Fabriken in der Nähe, oder sogar in den Räumlichkeiten der Kunden (sogenannte „Inhouse Werke“), um die Transportkosten für die Hohlkörper möglichst gering zu halten. Rund 72 Werke von Alpla wurden direkt bei der Abfüllanlage des Kunden gebaut.