Referenzen – Wolford
„Ein wichtiger Faktor
ist stets die Zeit“
Mag. Brigitte Kurz, bis Ende Oktober 2019 Wolford-CFO über die Chancen in der Krise und warum in manchen Situationen externe Hilfe ein Unternehmen weiterbringt.
Sie sind 2015 zum Unternehmen Wolford gestoßen. War Ihnen zu dem Zeitpunkt die Tragweite der wirtschaftlichen Umstände bewusst?

Dass Wolford einen Schnupfen hatte, war mir damals schon klar. Bei einem börsennotierten Unternehmen ist das auch nicht schwierig. Aber dass sich der Schnupfen als ausgewachsene Grippe entpuppte, war dann eine besondere Herausforderung.

Wie sind Sie mit der Situation umgegangen, als Sie sich der ganzen Tragweite des Unterfangen bewusst waren?

Natürlich war es keine allzu große Überraschung, das Unternehmen hatte zu dem Zeitpunkt schon einige schwierige Jahre hinter sich. Und es war von Anfang an klar, dass man an strukturellen Themen arbeiten wird müssen. Ich bin ein Mensch, der Herausforderungen liebt und bin mit vollem Elan an die Sache herangegangen.

Im Kontext von Wolford und dem Umstand, dass es sich um ein börsennotiertes Unternehmen handelt, ist eine sensible Vorgehensweise und ein zeitlich straffer Rahmen vonnöten?

Als ich im November 2015 die Verantwortung im Finanzbereich übernommen habe, wurde rasch klar, dass wir externe Unterstützung brauchen. Wir hatten in vielen Bereichen Restrukturierungsmaßnahmen zu setzen, und da hilft eine kompetente externe Beratung unter anderem auch, das Thema in einem zeitlich überschaubaren Rahmen zu halten. Das schafft man zumeist aus dem Unternehmen alleine heraus nicht. Und wir hatten mit der Syngroup einen sehr kompetenten Partner zur Seite.

Es heißt sehr platt immer wieder auch: Die Krise sei eine Chance?

Was in gewisser Weise stimmt. Und es war nicht von der Hand zu weisen, dass Wolford in Schwierigkeiten war. Das Gute an einer Krise, und insofern stimmt das Zitat, ist zumeist die Bereitschaft, Restrukturierungsmaßnahmen umzusetzen. Als börsennotiertes Unternehmen muss man da natürlich mit einem Auge auf den Kapitalmarkt agieren und schauen, was der Kurs macht. Schließlich leben Investoren von Dividenden und steigenden Kursen, die natürlich von der Profitabilität des Unternehmens stark beeinflusst werden. Anderseits wurden auch von Investorenseite die Restrukturierungen schon länger gefordert.

Was waren die ersten wichtigen Maßnahmen im Rahmen der Restrukturierung?

Zunächst galt die Konzentration unserer Vertriebsgesellschaft. Das haben wir vorrangig intern abgewickelt. Die maßgebliche Restrukturierung haben wir ab 2017 in Angriff genommen, als ich in den Vorstand berufen wurde. Grundsätzlich haben wir nach einer umfangreichen gemeinsamen Analyse an vielen Schrauben gedreht. Einerseits ging es dabei um Prozessoptimierung, Überkapazitäten wurden adressiert und Overheads durch Doppelgleisigkeit optimiert. Es ging nie einfach nur darum, über die Arbeitsplätze Cost Cutting zu betreiben. Das wäre der einfachste Weg zu sagen, man spart 30 Prozent Mitarbeiter ein. Speziell bei Wolford wäre das aufgrund der Systemvielfalt auch gar nicht möglich und schon gar nicht sinnvoll.

Rückblickend betrachtet, würden Sie den gesamten Vorgang als ideal bezeichnen?

Jedenfalls. Wir konnten gemeinsam mit der Syngroup die Führungskräfte und Mitarbeiter in diesem Prozess gut mitnehmen. Dadurch sind viele Themen extrem schnell umgesetzt worden. Das ist natürlich auch für das Unternehmen ein großer Vorteil. Wir hatten breite Unterstützung auf allen Ebenen.

Was waren in diesem Zusammenhang die maßgeblichsten und vor allem effizientesten Veränderungen?

Wir haben im letzten Wirtschaftsjahr 180 FTE und konnten so nachhaltige Einsparungen lukrieren. Der positive Nebeneffekt der Kosteneinsparungen ist, dass das Unternehmen agiler und effizienter agieren kann.

» Wir konnten gemeinsam mit der Syngroup die Führungskräfte und Mitarbeiter in diesem Prozess gut mitnehmen. «
Mag. Brigitte Kurz
CFO Wolford
Hilft Ihnen dabei das veränderte Kaufverhalten, das vermehrt Richtung Online-Shop geht?

Wir monitoren aktuell die Kundenströme bei den eigenen 130 Boutiquen, orten dort aber eigentlich wenige Probleme. Das Retailnetzwerk performt grundsätzlich gut.

Inwieweit ist die digitale Transformation eines Unternehmens wie Wolford in so einer Phase ein Thema?

Das ist absolut relevant, und wir haben in diesem Bereich auch zweistellige Zuwachsraten. Speziell durch unseren chinesischen Investor Fosun erhoffen wir uns noch zusätzliche Zugänge in den asiatischen Markt. Da gibt es Kanäle, die man in unseren Breiten noch nicht mal kennt.

Das Fazit Ihres Wirkens im Kontext der Umstrukturierung?

Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. Wir haben etliche wichtige Punkte erledigt, müssen uns aber bewusst machen, dass in diesem herausfordernden Marktumfeld stetiges Hinterfragen und Veränderungen nötig sind. Wir haben den Vorteil, auf eine international renommierte Marke aufbauen zu können, aber Stillstand kann sich kein Unternehmen leisten.

Ein Wort zum Abschluss zur Zusammenarbeit mit der Syngroup?

Die Zusammenarbeit war absolut produktiv. Man muss sich aber im Klaren darüber sein, dass es bei derart intensiven Maßnahmen, die wir gemeinsam in sehr kurzer Zeit gesetzt haben, ab und zu mal knirscht. Aber wir haben mit der Syngroup ein Beraterunternehmen zur Seite, das sehr offen kritische Themen anspricht. Damit ist es uns auch gemeinsam sehr gut gelungen, rasch die Führungskraft abzuholen. Ein immens wichtiger Faktor, geht es doch am Ende bei derartigen Restrukturierungsmaßnahmen vor allem auch um Effizienz und Zeit.

In Short
Wolford
  • Unternehmenszentrale
    Bregenz
  • Mitarbeiter
    1433
  • Jahresumsatz
    € 149,07 Mio.
  • Leistungsbereich
    Hersteller von Textilien
  • Zum Unternehmen

    Die Wolford AG mit Hauptsitz in Bregenz ist ein österreichischer Hersteller von Textilien im obersten Preissegment mit Schwerpunkt auf Strumpfhosen, Bodys und Wäsche, stellt aber auch Damenoberbekleidung und Accessoires her.

    Die Wolford AG hat 16 Tochtergesellschaften und vertreibt ihre Produkte in rund 60 Ländern über mehr als 267 eigene und partnergeführte Markenboutiquen, 3000 Handelspartner und online. Das seit 1995 an der Wiener Börse notierte Unternehmen erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2017/18 (1. Mai 2017 bis 30. April 2018) mit rund 1433 Beschäftigten einen Umsatz von 149,07 Mio. Euro.